„So schmeckt Westfalen“!

Das wollten wir erleben.
Neugierig machten sich die Gartenfreunde auf den Weg nach Nieheim, um das Westfalen Culinarium zu besuchen. Der erste Höhepunkt auf dieser Tagesfahrt war in Altenbeken der Eisenbahnviadukt mit seinen vielen Bögen und hohen Pfeilern. Viele von uns hatten dieses Bauwerk noch nicht gesehen. Weiter ging es durch die wunderschöne Landschaft des Eggegebirges und auf etlichen Kehren wurden die Höhen dieses Gebietes erreicht.

In Nieheim angekommen, fühlten wir uns sofort Zuhause, denn am Eingang zum Culinarium begrüßte uns das berühmte Bild „Westfälisches Abendmahl“ aus unserer Wiesenkirche. Dann warteten die vier Museen auf uns. Im Käsemuseum erlebten wir in einem Film die Herstellung von Käse im „Handbetrieb“. Vorher erhielten wir durch die Führer eine Einführung in die verschiedenen Käseklassen und speziell wurde der Nieheimer Käse vorgestellt, den früher jede Hausfrau herstellte. Er ist eiweißreich, fettarm, aber sehr würzig. Heute wird er nur noch in zwei Käsereien produziert. Das Brotmuseum kann mit dem größten Backofen Ostwestfalens aufwarten. Am Mittwoch und am Wochenende wird darin noch gebacken, aber das ist eine große Kunst und verlangt von den Bäckern großen Einsatz. Zuerst müssen die Steine auf 360 Grad erhitzt werden. Das erkennt man an der Veränderung der Farbe bei den Steinen. Man soll dies aber auch mit Kornähren und Vaterunser beten ausgetestet haben. Als erstes wird dann Kuchen gebacken und zwar Butterkuchen, Zuckerkuchen und Streuselkuchen. Diese Sorten benötigen nur eine kurze Backzeit von 5-6 Minuten. Danach kommen die Brote für ca. 2 Stunden in den Ofen. Mit der Klopfprobe am Brotboden wird überprüft, ob die Brote gut sind. Die Restwärme des Ofens wird für das Backen von Pumpernickel genutzt. Dieses Brot verbleibt bis zu 24 Stunden ohne Nachzuheizen im Ofen und dabei bilden sich dunkle Röstsubstanzen, die den aromatischen Geschmack bilden. Über die Herstellung des Westfälischen Schinkens informiert das Schinkenmuseum. Zuerst gab es Hinweise zur Schweinehaltung, Schlachtung und Verarbeitung der Tiere. Der Schinken besteht aus der Hinterkeule des Schweins und wird kräftig mit Salz eingerieben, damit er durch den Entzug von Wasser zarter und haltbarer wird. Dieses Pökeln dauert ca. 6 Wochen. Danach kann er, wenn es gewünscht wird, noch über Buchenholz geräuchert werden. Zum Reifen kommt der Schinken dann in den sogenannten „Westfälischen Himmel“, d. h. er wird unter die Stubendecke gehängt. Im Mai, wenn der Kuckuck ruft, kann er dann gegessen werden. Bier spielte schon vor Jahrhunderten in Westfalen eine wichtige Rolle. Das wurde uns im Biermuseum erzählt. Damals war das Brauen im Hausbetrieb Sache von Frauen. Später im 16. Jahrhundert übernahmen die Mönche die Herstellung und durch den Hopfenzusatz kam der Alkohol ins Spiel. In den Kupferkesseln des Museums wird von der Nieheimer Brauzunft das Nieheimer Bürgerbier gebraut. Das Reinheitsgebot von 1516 findet nach wie vor Anwendung. Nur Wasser, Braugerste, Hopfen und Hefe dürfen benutzt werden. Heraus kommt ein hellbraunes Bier, was wir auch genießen durften.
Nach so viel Informationen waren alle Teilnehmer froh, sich entspannen zu können. Im Restaurant Meilenstein wurde das Mittagessen eingenommen.

Danach wartete der Führer für den Stadtrundgang auf uns. Nieheim liegt im „Dreiländereck“. Die Grenzen von NRW, Niedersachsen und Hessen „stoßen“ in der Nähe zusammen. Nieheim hat mit den eingemeindeten Orten insgesamt ca. 7.000 Einwohner, davon wohnen ca. 3.000 im auptortHa Hauptort. Durch Nieheim fließt der Nikolausbach, der teilweise unterirdisch verlegt ist, denn in der Vergangenheit überflutete der Bach bei Hochwasser den Rathauskeller, den wir auch besichtigten und vor Jahren Johannes Rau zu Gast war. Am Rande der Straße läuft als Erinnerung eine schmale Rinne mit „Nikolauswasser“, was von den Einwohnern gern als kostenloses Gießwasser genutzt wird. Durch Fachwerkhäuser gesäumte Straßen ging es in den Kurpark, denn Nieheim ist anerkannter heilklimatischer Kurort. Unterhalb des Kurparks liegt der sehr gut gepflegte Jüdische Friedhof mit etlichen Grabstelen. Im ehemaligen Richterhaus zog nach dem Krieg die Barmer Ersatzkasse ein und war der größte Arbeitgeber im Ort. Als die Kasse 1956 nach Wuppertal-Barmen umzog, verließen 600 Bürger den Ort. Der Besuch der kath. St.-Nikolaus-Kirche beendete den Rundgang.

Anschließend besuchten wir das Sackmuseum im alten Kornhaus von Nieheim. Was da alles als „Sack“ gesammelt wird, ist schon beachtlich. Es gibt den kleinsten Postsack der Welt, einen Hopfensack, Strohsack, Dudelsack, Kleidersack und auch Klingenbeutel gehören zum Fundus.
Auf der Rückfahrt waren sich alle einig, einen abwechslungsreichen und interessanten Tag erlebt zu haben.